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Wissensupgrade: Lernverhalten Hund

Das Intro - Misses Ahoi übers Lernen

Wer mich kennt weiß - ich bin unglaublich neugierig. Themen die mich interessieren, will ich bis ins kleinste Detail verstehen. Das trifft auch zu, wenn es um Lernverhalten von Mensch und Hund geht - da bin ich völlig Feuer und Flamme.

Lernen für´s Leben. So könnte mein Standpunkt zum Thema Lernen klingen. Da wo mein Leben stattfindet, mich meine Leidenschaft hinzieht, mein Interesse ruft, meine Neugier anklopft, da wo es immer ein wenig bitzelt. Genau da findet Lernen statt.

Leben bedeutet doch Entwicklung und Lernen ist da ja irgendwie immer.

Neben den lerntheoretischen Basics gibt es in Bezug auf das Lernen so viele spannende Fragen. Was passiert beim Lernen im Gehirn? Gibt es Tipps, die den Lernprozess positiv unterstützen? Was geschieht, wenn Lernerfahrungen verlernt, umgelernt oder „gelöscht“ werden sollen? Was für eine Rolle spielen Emotionen beim Lernen?

Mit den Antworten auf diese Fragen könnte ein Buch gefüllt werden. Da wir heute aber nur einen Blogartikel zur Verfügung haben, gibt es die Antworten in etwas komprimierter Form, eingearbeitet in die einzelnen Textpassagen.

Was haben Sie als Hundehalter von so ein bisschen Lerntheorie?

Ein Meer an Klarheit. Immer wieder geht es um 3 wesentliche Dinge. Themen zu verstehen, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln und dann zu handeln. Mit diesem Wissen im Gepäck, haben Sie die Möglichkeit, zielgerichteter Einfluss auf Lernprozesse bei Ihrem Hund zu nehmen.

Lernen ist Verhaltensänderung basierend auf Erfahrung.

Und da das Leben ständig neue Erfahrungen mit sich bringt, wird auch irgendwie immer gelernt. Die Geschichten die zum Erfolg führen, werden selbstverständlich ziemlich fix gelernt. Ist wichtig, bringt Mehrwert, speichere ich ab.

Wie tapsig so ein acht Wochen alter Welpe noch durch die Weltgeschichte holpert. Lernt er doch im Laufe der Zeit seine Bewegungen immer besser zu koordinieren.

Ebenfalls lernt der Welpe Kommunikation. Mit Artgenossen aber auch mit Menschen. Er sendet seine kommunikativen Signale in die Weltgeschichte und bekommt vom Gegenüber eine Reaktion. So kann er im Laufe der Zeit seine Kommunikation immer feiner abstimmen.

Auch lernt der Hund zu unterscheiden. Auf einige Reize lohnt es sich gar nicht groß zu achten, sie sind Kategorie normal, unbedeutend oder selbstverständlich. Andere Reize wiederum gehören in die Kategorie lohnenswert oder bedeutungsvoll, hier werden die Antennen auf besonders guten Empfang gestellt.

Wir Menschen haben bestimmte Abläufe oder Routinen entwickelt, wenn wir unsere Hunde füttern oder mit ihnen spazieren gehen. Hunde beobachten extrem genau, welche Reize hier das eigentliche Event ankündigen. Irgendwann können unsere Hunde auf Grund dieser Vorboten schon erkennen, dass das besondere Ereignis nur noch wenige Sekunden entfernt ist.

Auch lernt der Hund über Belohnung bestimmte Verhaltensweisen vermehrt zu zeigen oder über Bestrafung entsprechende Verhaltensweisen zu reduzieren.

Und das ist längst nicht alles. Lernen ist wirklich bunt, so vielfältig und spannend. Also egal aus welcher Perspektive wir dieses Lernen betrachten, überall passiert irgendwie etwas.


Belohnung vs. Bestrafung

Ein sehr emotionales Thema. Zumindest im Kontext Hundeerziehung. Ich geb´s offen zu, ich mag diese 2 Worte nicht sonderlich. Das liegt aber daran, dass sie schon so oft verwendet, umbewertet und wiederverwertet wurden. So oft sind sie schon durch den kompletten Recyclingprozess gegangen. Bei jedem Recyclingprozess sind neue Verunreinigungen dazu gekommen. Und heute sind diese Begriffe so emotionsgeladen wie vielleicht noch nie zuvor. Aber irgendwas ist wahrscheinlich bei der Sortierung falsch gelaufen. Ursprünglich 2 Möglichkeiten zur Verhaltensänderung, wird in Diskussionen manchmal der eigentliche Rahmen verlassen, Themen vermischt und ausschließlich über Extreme gesprochen. Bestimmte Dinge gehören einfach nicht mehr zur Bestrafung, sondern sind schlichtweg ein No-Go. (z.B. Gewalt). Aber auch wenn Konflikte in Mensch-Hund Beziehungen irgendwie weg ignoriert werden und ausschließlich über positive Verstärkung argumentiert wird, dann verliere ich an irgendeiner Stelle den Faden. Weil ich es schlichtweg nicht nachvollziehen kann. So vermischt sich eine relativ klare Lerntheorie, mit Emotionen und Standpunkten und heraus kommt ein Kuddelmuddel.

Ich bin dafür, dass der Kommunizierende klar trennt und sagt, hier ist die Lerntheorie und hier ist mein Standpunkt dazu. Jeder hat ja einen Anrecht darauf, seine Meinung zu kommunizieren. Nur muss diese auch als solche erkennbar sein. Das bietet dann einen guten Ausgangspunkt für eine konstruktive Diskussion oder einen gemeinsamen Austausch.

Generell finde ich wichtig, dass Ideen und Ansätze immer auch zu Ende gedacht werden und immer auch kritisch hinterfragt werden. 

Werfen wir doch mal einen genaueren Blick auf Belohnung und Bestrafung:

 


Soweit die Lerntheorie. Betrachten wir nun jede Zeile als eine Art Formel. Schauen wir uns gemeinsam die Zeile mit der positiven Verstärkung an. Welche Variablen haben wir hier? Die 2 Variablen sind das „etwas“ und das „angenehme“. Über das „etwas“ können wir die Dosis steuern und über das „angenehme“ können wir entscheiden, was genau die Belohnung sein soll. Was wir aber nicht machen können, ist die Formel positive Verstärkung nennen, irgendeine Mischung aus etwas angenehmen und unangenehmen hinzutun, mit dem Ziel Verhalten weniger lassen zu wollen. Ist das nachvollziehbar?

Vielleicht haben Sie auch schon mal die Aussage gehört, dass nur über positive Verstärkung gearbeitet wird. Mein Tipp, fragen Sie am besten nach wie genau das zu verstehen ist bzw. was gemeint ist. Manchmal ist es auch nur ein Verständnisproblem.

Möchten Sie meinen Standpunkt erfahren? Überwiegend, also da wo irgendwie möglich, werde ich immer über positive Verstärkung argumentieren. Aber da wo Verhalten weniger werden soll, wo Verhalten auch zur Gefahr für den eigenen Hund bzw. für die Umwelt wird, werde ich mich auch mit dem Thema Bestrafung auseinandersetzen. Beides muss adäquat eingesetzt werden, also mit einem guten Augenmaß und Feingefühl. Es gilt die richtige Dosis zu finden. Und genau das ist die Kunst, denn in beiden Fällen ist ein zu viel genauso kontraproduktiv wie ein zu wenig.

Und auch wenn es Belohnung und Bestrafung gibt, gefällt mir die Idee oder der Gedanke, dass Verhalten eben einfach Konsequenzen erfordert irgendwie besser. Vielleicht gefällt Ihnen diese Idee ja auch?


Wer entscheidet denn, was als Belohnung und was als Bestrafung wahrgenommen wird?

Der Hund. Das ist die Crux. Der Mensch kann zwar herausfinden, was der Hund tendenziell eher als Belohnung empfindet und was er als Bestrafung nimmt, aber die „letzte Entscheidung“ liegt beim Hund. Wenn wir unsere Hunde kennenlernen und rauskitzeln was sie so als Belohnung empfinden, werden wir das ein oder andere mal sicher überrascht sein. Und manchmal ist es auch einfach situativ. Heute sieht der Hund es als ne echte Belohnung und morgen nervt es ihn eher. Und auch hier bleibt wieder die Erkenntnis, wie wichtig es ist, sich mit seinem Hund ernsthaft auseinanderzusetzen.

Eben mal ausprobiert und plötzlich Routine

Machen wir mal einen hypothetischen Spaziergang. Ihr Welpe kommt zieht bei Ihnen ein. Sie gehen spazieren. Ihr Hund zieht an der Leine und hat dabei etliche Erfolgserlebnisse. Sie sagen, Erziehung ist dann mal übermorgen. Und so zieht Ihr Hund Tag für Tag hin zu seinen Erfolgserlebnissen. Im Gehirn des Kleinen passiert derweil was nicht ganz unbedeutendes. Landstraße wird Autobahn. Je öfters Ihr Hund eine Erfahrung macht, desto stabiler werden die Verbindungen im Gehirn. Mittlerweile zieht Ihr Hund nur noch. Weder für den Hund noch für Sie ist das eine angenehme Geschichte. Also fassen Sie den Entschluss - Autobahn soll Landstraße. Konkret, Sie wollen, dass ihr Hund an lockerer Leine geht. Nun, kennen Sie das vielleicht auf menschlicher Ebene, von Ernährungsumstellungen oder Verhaltensänderungen. Routinen sind nicht leicht zu durchbrechen. Viel zu stabil sind die Autobahnen in unserem Gehirn.

Deshalb ist es für den Hund und für Sie leichter frühzeitig mit den Erziehungsthemen anzufangen. Und es lässt sich aber auch gut nachvollziehen, warum Verhaltensänderungen nicht mal schnell über Nacht via Knopfdruck einfach umgelernt werden.


Hilfe, Verhalten wird mehr!

Es gibt noch einen Fachbegriff, den ich Ihnen nicht vorenthalten möchte - die partielle Verstärkung. Letztendlich ist das nichts anderes, als das wir Verhalten nicht bei jedem mal belohnen oder korrigieren, sondern beispielsweise nur bei jedem 3 Mal. Warum macht man denn so was? Weil die Lerntheorie sagt, dass diese Art der Verstärkung dazu führt, dass Verhalten intensiver gelernt wird und auch resistenter gegen Löschung ist. Lernen Sie Ihrem Hund zum Beispiel Sitz und bestätigen Sie Ihn nur bei jedem 2 oder 4 mal mit einem Leckerei, ist dieser Effekt natürlich ne feine Sache. Aber Vorsicht, denn diese Aussage trifft auch bei Verhaltenskorrekturen zu. Setzen wir unseren gemeinsamen hypothetischen Spaziergang fort. Sie haben den Entschluss gefasst, ab morgen ist lockeres an der Leine gehen. Ihr Arbeitstag war heftig und Sie sind völlig durch. Auf dem Plan steht nun, der Spaziergang mit Ihrem Hund. Ach, ist das anstrengend. Zweimal korrigieren Sie Ihren Hund, um dann zu beschließen, dass Sie das ganze Thema nochmals vertagen. Die partielle Verstärkung wird auch hier Ihre Wirkung zeigen. Sie haben 2 mal korrigiert und dann vielleicht 5 mal nicht. Dieses Verhalten des Leinenziehens wird so nun noch besser im Gehirn Ihres Welpen abgespeichert. So wird klar, warum manche Verhaltensweisen so fest sitzen - sie wurden schlichtweg gelernt.


Lernbeschleuniger?

Wenn Sie mit Ihrem Hund eine Lerneinheit durchführen möchten, gibt es ein paar interessante Fakten, die das Lernen beschleunigen, verlangsamen oder etwa auch erschweren können.

  1. Ausgeschlafen lernt es sich wesentlich besser
  2. Kurze knackige Lerneinheiten sind langen anstrengenden Lerneinheiten stets vorzuziehen
  3. Zu aufgedreht sollte ihr Welpe nicht sein, sonst leidet die Konzentration
  4. Machen Sie es ihrem Welpen anfangs leicht, in dem Sie eine ablenkungsarme Umgebung wählen. Es spricht absolut nichts dagegen anfangs einfach nur im Wohnzimmer zu üben.
  5. Ein hoher Stresspegel ist eine absolute Lernbremse
  6. Wenn Sie einen schlechten Tag hatten, überträgt sich die Stimmung automatisch auf den Hund. Lassen Sie die Lerneinheit dann lieber mal ausfallen.
  7. Auch Ihr Hund hat mal einen "bad day", auch dann lieber mal getrost aufs Lernen verzichten.
  8. Das Timing muss stimmen. Wird zum richtigen Zeitpunkt belohnt bzw. bestraft, kann der Hund sein Verhalten und Ihre Konsequenz daraus miteinander verknüpfen.
  9. Emotionen verschärfen die Lernerfahrung. So sorgt z.B. Freude dafür, dass Lerninhalte noch besser abgespeichert werden. Deswegen wird im Spiel ja auch so effektiv gelernt.


Klar sind Sie im Vorteil, wenn Sie dieses Wissen über Lerntheorie haben. Bei dem ganzen theoretischen Gedöns sollte aber auch der Spaß im Umgang mit dem Hund nicht verloren gehen. Herz und Bauchgefühl sollten zwischen dem ganzen Wissen immer ihren Platz finden. Denn Lernen soll Spaß machen, ein ganzes Leben lang!

 

Ich freue mich von Ihnen zu hören!

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